So wurden als Inhaber des PC-Anschlusses, von dem aus das Popalbum durch das Enkelkind zum downloaden angeboten worden war, die Grosseltern ermittelt. Die Plattenfirma verlangte aussergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, Schadenersatz und Rechtsanwaltskosten und bot den Grosseltern an einen abschliessenden Vergleichbetrag in Höhe von 1.200 Euro zu zahlen.
Die Grosseltern waren aber nicht damit einverstanden für eventuelle Urheberrechtsverstösse ihrer Enkelin einstehen zu müssen und legten gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln, das im Gestattungsverfahren angeordnet hatte ihre Anschriftsdaten an den Rechteinhaber herauszugeben, Beschwerde ein.
Das zuständige Oberlandesgericht (OLG) Köln, das in der Vergangenheit ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers verneint hatte ändert nunmehr seine Rechtsprechung und hält zukünftig eine Beschwerde im Gestattungsverfahren, bei dem es zunächst nur um die Feststellung der Daten des PC-Inhabers geht, grundsätzlich für zulässig. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass durch die Nennung der Daten des PC-Anschlussinhabers wesentlich in das Telekommunikationsgeheimnis eingegriffen werde.
Ein Rechtsschutzinteresse des PC-Inhabers auf Überprüfung der Auskunfstberechtigung im Gestattungsverfahren liege unter anderem deshalb vor, weil für den Fall, dass die Voraussetzungen wie im vorliegenden Fall gar nicht vorgelegen haben, dies ein Beweisverwertungsverbot im Folgeprozess nach sich ziehe.
Das OLG hielt die Beschwerde auch für begründet, wies aber darauf hin, das es im Gestattungsverfahren nur auf folgende Einwände ankomme:
- der Antragsteller sei nicht Rechteinhaber,
- die Rechtsverletzung sei nicht offensichtlich,
- das Ausmass der Rechtsverletzung habe keinen "gewerblichen" Umfang
nicht aber auf die Einwände:
- der Providor habe die IP-Adresse falsch zugeordnet
- der PC-Anschlussinhaber selbst habe den Anschluss zum fraglichen Zeitpunkt nicht benutzt
- usw.
Die letzteren Punkte seien Gegenstand eines späteren Unterlassungs- und Schadensersatzprozesses, wenn es nach der Abmahnung durch die Musikfirmen nicht zu einer Einigung käme.
Im vorliegenden Fall könne jedenfalls eine Verletzung von "gewerblichem" Ausmass nicht festgestellt werden, weil das streitgegenständliche Musikalbum bereits 1,5 Jahre auf dem Markt sei und es lediglich in einer
"Peer to Peer" Tauschbörse angeboten worden sei.
Solches indiziere zwar ein "Handeln um wirtschaftlicher Vorteile willen". Es komme aber bei der Beurteilung des "gewerblichen" Ausmasses entscheidend darauf an, ob ein besonders wertvolles Werk oder eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verkaufs- und Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht worden sei, wobei den besonderen Vermarktungsbedingungen des jeweiligen Werkes Rechnung zu tragen sei.
Das Anbieten irgendeiner Datei in einer Internet-Tauschbörse genüge für sich allein nicht, obwohl es ein "Handeln um wirtschaftlicher Vorteile willen indiziere; vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob entweder ein besonders wertvolles Werk oder eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verkaufs- und Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht werde. Dabei sei den besonderen Vermarktungsbedingungen des jeweiligen Werkes Rechnung zu tragen. Um bei einem Musikalbum 6 Monate nach Veröffentlichung noch von einer "gewerblichen" Rechtsverletzung ausgehen zu können, müssten jedenfalls besondere Umstände vorliegen, die von der Antragstellerin im streitigen Fall jedoch nicht geltend gemacht worden seien.
- OLG Köln BS vom 05.10.2010, 6 W 82/10, nicht rechtskräftig. -
Hinweis:
Der Beschluss des OLG Köln ist derzeit nicht rechtskräftig, weil das OLG die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen hat.
Mit einem speziellen Computerprogramm kann man an sogenannten "Internettauschbörsen" teilnehmen. Der korrekte Begriff für diese Tätigkeit lautet
"Filesharing". Jeder PC-Besitzer kann so Daten auf seinem Computer freigeben und anderen über das Internet zum kopieren zur Verfügung stellen. Die Medienindustrie kann aber Urheberrechtsverletzungen im Internet mittels einer speziellen Software aufspüren. In der Regel werden der Zeitpunkt des Ladevorganges und die sogenannte
"IP-Adresse" ermittelt. Anhand der IP-Adresse kann bei einem Ladevorgang der PC und dessen Inhaber festgestellt werden, etwa wie der Halter eines Kraftfahrzeuges anhand des Autokennzeichens.
Die Medienindustrie hat nur dann einen Anspruch auf Auskunftserteilung von Name und Anschrift des PC-Inhabers, wenn die Rechtsverletzung "gewerbliches" Ausmass angenommen hat. "Gewerblich" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, das der Ladevorgang
entgeltlich gewesen sein muss, wie man annehmen könnte. Der unbestimmte Rechtsbegriff "gewerblich" wird vielmehr definiert, wie oben stehend dargelegt.