Das Niedersächsische Finanzgericht hält die andauernde Erhebung des Solis ab 2007, die als "Ergänzungsabgabe" ausgestaltet ist, für verfassungswidrig. Eine "Ergänzungsabgabe" dient nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur als Deckung für vorübergehende Bedarfsspitzen. Da mit dem Solidaritätszuschlag die Kosten der Deutschen Einheit finanziert werden sollen und nach der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts diesbezüglich kein vorübergehender, sondern ein langfristiger Bedarf besteht, darf dieser Bedarf nicht in Form einer "Ergänzungsabgabe" erhoben werden.
Ein leitender Angestellter hatte Einspruch gegen seinen Steuerbescheid im Hinblick auf den gegen ihn für das Jahr 2007 festgesetzten Solidaritätszuschlag erhoben. Weil das Niedersächsische Finanzgericht die Rechtsauffassung des Klägers teilt und die Erhebung des Solidaritätszuschlages im Jahre 2007 nicht für rechtmässig hält, hat es das Verfahren gemäss § 100 Absatz 1 Grundgesetz ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt.
- Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 25.11.2009, 7 K 143/08 -
Hintergrundwissen
Das Niedersächsische Finanzgericht (auch als Finanzgericht Hannover, Finanzgericht Niedersachsen bezeichnet) hat als erstens Finanzgericht im Februar 2007 die Neuregelung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig erachtet und ist diesbezüglich vom Bundesverfassungsgericht im Dezember 2008 bestätigt worden.
Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster hatte 2005 entschieden, dass der Solidaritätsbeitrag verfassungsgemäss sei. Die Kläger hatte sich darauf berufen, dass der Soli seit dem Jahr 2002 eine verfassungswidrige Sondersteuer darstelle. Sonderabgaben dürfe der Staat nur zur Behebung von Notständen und nur für kurze Dauer erheben. Die Klage wurde abgewiesen. Das Finanzgericht argumentierte, dass es sich bei dem Soli nicht um eine Sonderabgabe, handele. Er fliesse in den allgemeinen Haushalt und sei deshalb eine Steuer in der Gestalt eine Ergänzungsabgabe. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Erhebung von Steuern sei nicht überschritten.
- Finanzgericht Münster, Urteil vom 27.09.2005, Aktenzeichen 12 K 6263/03 E -
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im anschliessenden Beschwerdeverfahren über die Zulassung der Revision die grundsätzliche Bedeutung der Sache verneint und die Beschwerde zurückgewiesen. Es handele sich bei dem mit dem Soildaritätszuschlaggesetz (SolZG) 1995 eingeführten Solidaritätszuschlag um eine Steuer, die als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes (GG) erhoben werde. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob eine Ergänzungsabgabe nur befristet erhoben werden dürfe, sei höchstrichterlich geklärt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bereits bei der Prüfung früherer Ergänzungsabgabegesetze entschieden, dass die zeitliche Befristung nicht zum Wesen der Ergänzungsabgabe i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG gehöre. Es sei nicht ersichtlich, dass insoweit eine erneute Entscheidung erforderlich sei.
- Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.06.2006, VII B 324/05 -