Das Landgericht Ulm wies die Klage des Nachbarn ab. Der "Feuerwerker" habe beim Abschuss der Rakete den vom Hersteller laut Gebrauchsanweisung verlangten Abstand zu Gebäuden von 5 Metern eingehalten. Die Scheune war 12 Meter vom Abschusspunkt entfernt. Ausserdem sei die Scheune an Dach und Wänden mit unbrennbarem Material wie Eternit und Blech versehen gewesen. Schliesslich sei der Brand nur deshalb entstanden, weil die Rakete unvorhersehbar ihre Flugrichtung änderte und in einen nur 10 cm kleinen Spalt zwischen Aussenwand und Dach eindrang. Dieser Spalt aber sei für den "Feuerwerker" überhaupt nicht erkennbar gewesen.
Das sah das Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart zunächst genau so. Auch das OLG ging nicht von einem Verschulden des "Feuerwerkers" aus. Nach der Rechtsansicht des OLG Stuttgart hatte der "Feuerwerker" aber trotzdem Pech, weil er die Rakete nicht von einer öffentlichen Strasse, sondern von seinem Privatgrundstück abgefeuert hatte, welches an das nachbarliche Scheunengrundstück angrenzt.
Das OLG Stuttgart wendete daher § 906 Abs. 2 BGB analog an. Nach dieser Vorschrift haftet der verursachende Nachbar dem betroffenen Nachbarn auf Ausgleich dessen Schadens, wenn a) von dem Privatgrundstück des Verursachers auf das des Betroffenen eine Einwirkung ausgeht, b) der betroffene Nachbar diese Einwirkung nicht unterbinden kann und c) das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen wird. Auf das Verschulden desjenigen, von dem die Beeinträchtigung ausgeht aber kommt es nicht an.
Der sogenannte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes nur bei Feinstoffen wie Dämpfe oder Gase anzuwenden. Das OLG Stuttgart hält diese Vorschrift aber auch bei Grobstoffen die von einem Nachbargrundstück ausgehen für analog anwendbar. Die Feuerwerksrakete sei so ein Grobstoff, daher müsse der den Scheunenbrand verursachende "Feuerwerker" dem betroffenen Nachbarn den Schaden auch ohne Verschulden ersetzen.
- OLG Stuttgart v. 20.03.2008, 10 U 219/07 -
(Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof entscheidet noch, ob die Revision zugelassen wird, V ZR 75/08.)